Gedanken von Michael Andörfer zum 40 – jährigen Jubiläum des Schachvereins Neustadt / Altenstadt am 10.9.1992 im Pfarrheim Neustadt

Mit dem Schachverein Neustadt / Altenstadt WN feiert heute der zweitkleinste Verein der Kreisstadt sein 40jähriges Gründungsjubiläum. Wenig erfährt man über die kleineren Schachvereine in den Medien.Ankündigungen über Verbandsspiele und Vereinsturniere und einige Tage später dann die Ergebnisse. Die Schachspieler sind vielleicht in der Ausübung ihrer Sportart körperlich nicht so gestresst, wie die Mitglieder in anderen Sportarten, dennoch haben auch Sie ihre wöchentlichen Spielabende, um zu trainieren oder einzuüben, einmal die Spielführung beim Wettkampf oder die Eröffnung, oder auch bestimmte Schachzüge, die ein Partieende beeinflussen könnte. Schachgeschichte ist auch ein Kapitel Kultur- und Geistesgeschichte, sie ist ein Kapitel der Geschichte des Denkens.

Oft erfuhr man in den vergangenen Jahren von Weltmeisterschaften, die von Amerikanern und Russen beherrscht wurden. Wer aber weiß, dass das Schachspiel in Indien erdacht wurde. Es entstand im Verlauf vieler Jahrhunderte als ein gemeinsames Werk schöpferischer Menschen. Ausgangspunkt der Erfindung war die Nachbildung einer Schlacht zweier altindischer Heere, deren Ziel es war, einen Kampf zu zeigen, der zwar wechselvoll und spannend war, bei dem aber kein Blut floss und jede Gewalt fremd war. In den buddhistischen Klöstern gewann dieses Spiel allmählich Gestalt. Der Schlachtplatz des Geschehens, das Schachbrett bildete die Dimension des Raumes, die Schachfiguren waren als Sinnbilder der Kraft und Träger der Handlung dem indischen Heer nachgebildet. Als weiteres Element des Schachspieles, neben Raum und Kraft, tritt die Zeit. Nicht die Zeit im üblichen Sinn, sondern eine bestimmte Zeit, deren Einheit im Schach der Zug ist. Mit jedem Zug ändert sich das Bild der Stellung und der Zug mit dem die Zeit im Schach gemessen wird, verändert die Lage am Schachbrett ebenso, wie die Zeit auch das Leben und andere Dinge verändert.

Im Laufe der Jahre versuchten Stimmen die Erfindung des Schachs den Chinesen zuzuschreiben. Doch in der altpersischen und arabischen Literatur wird diese Kulturtat neidlos den Indern zuerkannt. Selbst Prestigedenken und Nationalstolz haben keinen Autoren der Schachgeschichte verführt, ein anderes Land als Indien zur Heimat des Schachs zu erklären. Die erste Urkunde des Schachspiels in Europa bildet ein Testament aus dem Jahre 1010, das sich im Urkundenbuch der spanischen Kirche befindet. Das erste Schachturnier in Deutschland fand im Jahre 1467 in Heidelberg statt, im Jahre 1746 wurde der Franzose Philidor als der weltbeste Schachspieler genannt.

In Neustadt/WN wird seit dem Jahr 1920 Schach gespielt. Auf Initiative vom Altenstädter Johan Sailer, der übrigens bei allen weiteren Gründungen seine Finger im positiven Sinn im Spiel hatte, bildete sich eine lose Gemeinschaft, die sich allwöchentlich im Cafe Deuzber zum Spielabend traf. Unter Ihnen befanden sich heute noch bekannte Namen wie Georg Mayer, Thomas Deubzer, Hans Landsdorfer, Hermann Lang und R. Rosental. Bis zum Jahr 1935 fanden diese Spielabende statt, bis dann am 19.3.1935 Johann Sailer zu einer Gründungsversammlung einlud und ein Schachverein aus der Taufe gehoben wurde. Dem Verein schlossen sich weitere Mitglieder an wie Losef Eichinger, Ferdinand Salfetter, Willi Ascherl, Ferdinand Bogner, Hans Nachtmann, Franz Harant, Franz Schmidt und Ludwig Fastner.

Nach dem Ausbruch des 2. Weltkrieges mussten viele Mitglieder zur Wehrmacht, so dass der Spielbetrieb ziemlich erlahmte. Als nach Kriegsende die Amerikaner in Neustadt einrückten war es der Vorsitzende Johann Sailer, der in das zwischenzeitlich in das Hotel Grader verlegte Spiellokal eilte, um das vorhandene Spielmaterial zu retten und nach Altenstadt verbrachte. Einige Zeit später aber wurde das ganze Material durch einen Brand vernichtet bis auf ein Schachspiel, das der Verein gerade ausgeliehen hatte. Nach einigen Jahren trat erneut Johann Sailer in Aktion und arrangierte eine erneute Gründungsversammlung. Am 11.7.1952 wurde in Altenstadt ein Schachclub gegründet, dessen Rückgrat die Familie Fischer war. Vorsitzender wurde wieder Johann Sailer. Der wöchentliche Spielbetrieb fand zuerst im Gasthaus „Schwarzer Bär“ statt. Die Spieler brachten zu jedem Spielabend einige Kohlen mit, um den Raum etwas beheizen zu können. Später wechselte der Verein wieder in das Hotel Grader in Neustadt über. Es entstand ein florierender Spielbetrieb. Im Volksmund wurde der Verein kurz „Fischer – Verein“ genannt, denn mit dem Senior Ernst Fischer und seinen Söhnen Ernst, Max und Erich stellte die Familie Fischer fast die ganze aktive Mannschaft. 1954 erfolgte der Beitritt zum Bayerischen Landessportverband und drei Jahre später wurde die Aufnahme in den Stadtverband für Leibesübungen vollzogen. Erster Stadt- und Vereinsmeister wurde Viktor Bienias. Vergleichskämpfe gab es mit dem Schachclub Meerane in der ehemaligen DDR und mit dem Stadtverband fuhr der der Schachclub in das thüringische Greiz. Nach 35 Jahren gab es einen Rückkampf mit Meerane in Neustadt. 1960 gewann Neustadt den von MdL Hans Friedrich gestifteten Wanderpokal. Die bisher größte Veranstaltung führte der Jubelverein im April 1963 mit dem Oberpfälzer Schachkongress im Hotel Hausnerhof und der Oberpfälzer Einzelmeisterschaft und einem Blitzturnier um den „Silberschild der Oberpfalz“ im Bärensaal durch. Schirmherr was der damalige Bürgermeister Hans Trottmann und als Turnierleiter fungierte Ernst Fischer jun. Der Jubelverein errang einen weiteren von MdL Willy Schaller gestifteten Wanderpokal. Dreimal wurde Ernst Fischer Jugendmeister der Oberpfalz und je einmal Erich Fischer und Martin Hoffmann.

1963 übernahm Hans Barfuß den Verein, Er wurde 1979 von Johannes Evers abgelöst. Überaus erfolgreich war die Teilnahme an Turnieren. 1980 erreichte die Jugendmannschaft des Vereines den Titel eines Oberpfalzmeisters. Ein weiterer sportlicher Höhepunkt war im September 1989 eine Simultanvorstellung mit dem bekannten Großmeister Hort, der durch die Vermittlung von Landrat Anton Binner nach Neustadt gekommen war. Nach den vorhandenen Aufzeichnungen kam bei den Verbandsspielen auch Landrat Anton Binner zum Einsatz, Er gewann ausnahmslos alle seine Partien.

Ein großer Verdienst am damaligen Aufstieg hatte zweifelsohne Ernst Fischer, der von 1957 – 1983 Spielleiter des Vereins war. Er leistete für die Schulung der Mitglieder und für die Betreuung der Jugendlichen enormes. Noch in guter Erinnerung sind die von Ernst Fischer organisierten Wochenend – Schulungen im Kastaniehof.

1980 übernahm Viktor Bienias das Vereinsruder, dass Er bis zum heutigen Tag noch fest in Händen hält. Bei den Verbandsspielen gab es in letzter Zeit wechselnde Erfolge. Gab es einen Abstieg folgte ein Jahr später der sofortige Wiederaufstieg. Dies war genau viermal der Fall. Zweiter Vorsitzender Max Fischer meinte laut Protokoll dazu „Wir steigen nur deshalb so oft ab, um dann wieder einen Aufstieg feiern zu können“. Im Spieljahr 1991 / 92 machten sich die Aktiven selbst das schönste Jubiläumsgeschenk. Ungeschlagen wurden die ersten Herren Meister in der Kreisliga II und erreichten damit den Aufstieg in die Kreisliga 1. Mit einem 4,5 : 3,5 Erfolg gegen Detag Wernberg feierten die Herren einen guten Einstand zum Auftakt in die neue Spielklasse.

Viktor Bienias, der heute noch selbst aktiv am Schachbrett sitzt, bemüht sich sehr, den Schachverein Neustadt / Altenstadt im Vereinsleben der Stadt einen festen Platz einzuräumen. Ein großes Augenmerk legt der Verein auch auf die Jugendbetreuung. Dank gebührt hier dem Mitglied Rektor Franz Ertl, der in der Grundschule Neustadt ein Schulfach Schach eingeführt hat. Die Sorgen von Viktor Bienias gelten aber auch schon seit Jahren den Spiellokalen. Denn genau wie dem heimischen Schützenverein eine mehrmalige Herbergssuche nicht erspart blieb, erging es auch dem Schachverein, der mehrmals schon sein Spiellokal wechseln musste. Der große Dank des Schachvereins gilt daher Herrn Stadtpfarrer Josef Wiesneth, in dessen Pfarrheim der Verein seine wöchentlichen Spielabende durchführen kann.

Die Vorstandschaft setzt sich derzeit zusammen: 1. Vorsitzender Viktor Bienias, 2. Vorsitzender Max Fischer, Schatzmeister Konrad Brewitzer, Schriftführer Peter graf, Spielleiter Michael Vogl, Jugendleiter Tobias Schwarzmeier, Delegierter zum Stadtverband für Leibesübungen Hans Barfuß.

  • Satzung vom 25.08.1977 mit Anerkennung als gemeinnütziger Verein  – erstmals 1954
  • Gründung am 19.2.1935 durch Johann Sailer und 16 Spielern, vorher im Cafe Deubzer Treffen von Neustädter Schachspielern seit 1920
  • 10.4.1963 – 15.4.1963 und 27/28.4.1963 OESM und Schachkongress im Bärensaal Neustadt
  • 1966 + 1967 Erich Fischer 1. Oberpfalz Einzelmeisterschaft
  • 1979 OPF – Mannschaftsmeister Jugend
  • 1990 Elisabeth Horther – Schneider Siegerin der OESM – M2
  • 1990 Bay. Damen- Einzelmeisterschaft: 4. Platz für Elsbeth Horther-Schneider
  • 1992 Bay. Damen- Einzelmeisterschaft: 3. Platz für Elsbeth- Horther – Schneider
  • 1994 Bay. Damen- Einzelmeisterschaft: 2. Platz für Elsbeth Horther-Schneider
  • 15.02.2002 Feier des 50 – jährigen Vereinsjubiläums
  • 27.02. 2004 Hans Barfuß wird zum Ehrenvorstand ernannt
  • 2018 Max Fischer und Josef Markl Ehrenmitglied
  • 6.10.2018 Simultanturnier mit GM Michael Bezold (ELO 2487)

Schachfreunde Naabtal